Ich bin nämlich inzwischen fast soweit, dass ich kaum mehr etwas über 20 Franken kaufe, bevor ich nicht mindestens drei Testberichte und gleich viele Meinungsäusserungen konsultiert habe, das liegt im und am Internet und ist meistens auch ganz erträglich – denn man wähnt sich in der Sicherheit, das Richtige zu kaufen, was vor dem Hintergrund der prekären pekuniären Situation Sinn macht.
Nun geschieht es aber auch, dass ich spontan ein Buch kaufe, weil ich gleich eine längere Zugsfahrt vor mir habe und ausser zwei Zeitschriften (z. B. einmal Beobachter und einmal PC Tipp) und einem angelesenen, eben doch langweiligen Buch nichts zu lesen dabei habe. Ist mir vor einer Woche passiert – halbe Stunde Zug gefahren – erste Seiten gelesen – aufgeregt gewesen, weil spannend, in Dänemark passierend und ganz neu (es handelt sich übrigens um das Buch «Das stille Mädchen» von Peter Høeg).
Ich konnte es nicht erwarten, weiter zu lesen. Noch kurz die E-Mail checken und vielleicht noch ganz schnell ein paar Hintergrundinfos zum Buch googeln – und da steht es plötzlich unmissverständlich: Dieses Buch ist schlecht! Literaturkritiker und andere Experten scheinen sich diesbezüglich einig zu sein und singen im Kanon: Ein Buch, das zu lesen sich nicht lohnt. Ein Buch, das ausschliesslich wegen seinem Titelbild die Bestsellerlisten erklommen haben musste (patsch, wie dumm von mir, denn >dieses Bild hat auch mich gleich fasziniert).
Und seit diesen Zeilen habe ich es noch einmal versucht und bin keine Seite weiter gekommen. Stattdessen kaufte ich mir das nächste Buch («Die Kunst des Bücherliebens» von Umberto Eco), auch spontan aber ohne jeglichen Blick in Meinungsportale.
Ich bin entsetzt darüber, dass mir diese fremden Meinungsfuzzies offenbar so schnell den Spass verderben können.
Ich muss mich da emanzipieren!
So schlimm klingt es ja doch nicht:
«Neu ist die Entschlossenheit zum Religiösen, neu ist die Verherrlichung des weiblichen Prinzips, ein geradezu pathetischer Feminismus, neu ist die Hysterie, mit der alles bis an die Grenze zur Satire aufgeplustert wird, und neu ist, dass die Rechnung, die Høeg hier umständlich und durchaus kopfzerbrecherisch aufmacht, am Ende zu keinem Ergebnis führt, sondern sich einfach auflöst.»
(>Petra Kohse)
Denn entschlossen war ich auch, als ich die ersten Seiten gelesen habe, gegen pathetischen Feminismus habe ich kaum Einwände, und im Rechnen war ich noch nie gut. Nach dem Umberto Eco mein Vertrauen ins Bücherlieben gestärkt hat, werde ich dem stillen Mädchen eine neue Chance geben.
5 Kommentare:
Bei der Uraufführung vom zerbrochenen Krug wurde auch mit den Füssen gestampft - Banausen gibt's in jedem Jahrtausend.
sesse.
:-) das sagt umberto eben auch - sehr gut.
ulantic!
exoth.
(das war jetzt zu hübsch um nicht gepostet zu werden)
:-D
liciast
(ja, nur ein viertel so schön)
wenn das zweite i ein l gewesen wär' wär's super gewesen, nicht?
homiso.
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