02 Juli 2014

Wo sind die Schweizer Female Fronted Folk Bands?

Meine Tochter ist ja seit längerem Texthörerin (vs. instrumentalfixiert wie ich) - aber das sind wahrscheinlich alle 3-Jährigen. Deshalb hören wir Christian Schenker, Linard Bardill, Andrew Bond, auch Patent Ochsner und Kummerbuben auf und ab. Heute führte ich zwecks Diversität Oli Kehrli ein.

Als Kleinlisa nach dem zweiten Stück auf einmal ausführte, dass die Geige eben eine Frau spiele, und die gleiche Frau auch den Bassgeigenpart mache, traf mich das wie ein Pfeil. Das mit dieser Streicherin ist natürlich frei erfunden. Die Bassgeige auf Kehrlis aktuellster Platte macht ein Mann, die Violine eine Frau. Kleinlisa konnte das nicht wissen.

Die improvisierte Geschichte meiner Tochter zeigte mir, dass sie wohl die Frauen vermisst. Dass sie möglicherweise Vorbilder vermisst. So in etwa wie es diese Autorin (oh das war ja ich) und nicht nur diese auch schon auf den Punkt gebracht hatten: Frauen auf Rock- und Pop-Bühnen kann man selbst an einer fingeramputierten Hand abzählen. Mädchen fehlen Identifikationsmodelle.

Und offensichtlich gilt das für die kinderzielgruppenspezifische Musik ebenso wie für die Erwachsenenmusik.

Ist das nicht schlimm?

Wo sind sie, die Female Fronted Bands mit schweizerdeutschen Texten?

Mir schwebt so etwas vor:

oder auch so was:


Das ist kein Folk, schon klar, aber wenn ich schon wählen darf.

Also dies auf Schwyzerdütsch. Tipps?



lese:
* Frauenquote auf Schweizer Bühnen? Journal B (4.12.2012)
Her mit den musizierenden Ladies! (28.08.2013)

28 Februar 2014

Entspannt euch seid still

Eine Studie mit Geschwister-Design erklärt das Stillen für überbewertet. Frühere Studien, oder besser deren Interpretinnen und Interpreten, priesen das Stillen als Versicherung gegen Übergewicht, Allergien, Hyperaktivität und vieles mehr an. Das Design der Studie ist deshalb zentral, weil es sozioökonomische Faktoren ausschliesst oder wenigstens eindämmt. Das Ergebnis: Zwillinge, welche in der gleichen Familie unterschiedlich ernährt wurden, entwickeln sich nicht signifikant unterschiedlich. Mit einer Ausnahme: Das Risiko für Asthma ist beim gestillten Kind tendenziell höher als bei den mit Milchnahrung gefütterten Kindern.
Andrea Solario 002

Geweisselte Broschüren verunsichern

Ganz ehrlich, es tut gut, auch mal sowas zu lesen. Als Schwangere und junge Mutter kriegst du in regelmässigen Abständen geweisselte Brochüren und Erzählungen von Familie und Freunden, ja auch von Fremden davon, wie wichtig Stillen sei und darüber hinaus sehr harmonisch. Dass es ungeheuerliche Schmerzen bereiten und bluten kann. Dass es, wenn es nicht auf Anhieb oder gar nicht klappt, am Start ins Muttersein auch seelisch weh tun kann, das ahnst du erst, wenn der Säugling an deine Brust angesetzt wird und du nebst dem kräftigen Zug an der Brustwarze auch den Druck der Gesellschaft und deinen eigenen Leistungsdruck zu spüren bekommst.

Ich bin deshalb gegen diese militante Stillpropaganda, die mir in meiner Schwangerschaft entgegengebracht wurde. Und ich bin dafür, dass junge Mütter frei von sozialen Zwängen entscheiden dürfen. Das tut am Ende dem Kind gut.

Schmerzen und Schwitzen, Eiter und Enttäuschung

Und dass ihr mich nicht falsch versteht: Ich habe gestillt. Trotz schlimmen Schmerzen und Schwitzen, Wutausbrüchen, Fieber und Blut, Eiter und Enttäuschungen habe ich gestillt. Und ich habe es, als es dank der Brustwarzenhütchen endlich geklappt hat, überall getan. Im Zug, im Park, im Restaurant, im Café, im Bus, auf Arbeit, überall, alle zwei Stunden eine Dreiviertelstunde lang, immer genau da, wo ich mit dem Baby gerade war. Aus Überzeugung. Nicht aus Überzeugung von der Allmacht es Stillens, sondern weil ich es, wenn es der Gesellschaft doch so wichtig ist, dass ich stille, auch in der Gesellschaft tun wollte.

Aber über die Akzeptanz des Stillens im öffentlichen (und halböffentlichen) Raum und dem Zusammenhang mit dem Abschieben junger Mütter ins Private schreibe ich vielleicht ein andermal. Wahrscheinlich nicht.

lese:
* New Study Confirms It: Breast-Feeding Benefits Have Been Drastically Overstated. Jessica Grose, Slate 27.02.2014.

23 Februar 2014

Ohne euch...

Zuerst dachte ich, die Aktion Ohne dich... sei einfach ein weiteres Mittel, mit dem sich Leute schön inszenieren und als supersozial hinstellen können. 

Die Aktion nistete sich ein in meinem Kopf. Pedro Lenz' Gedanken in der Schweiz am Sonntag setzten sich gerade daneben.

Ich habe enge Freundinnen, die schon jahrelang in der Schweiz sind, und die für mich nicht Deutsche, sondern einfach Freundinnen sind. Der Gedanke, dass sie sich hier in der Schweiz nicht (mehr) wohl fühlen könnten, weil sie für andere Deutsche und nicht Freundinnen sind, liess mich nicht mehr los.

Auf einmal sah ich in der Aktion die Möglichkeit, danke zu sagen und zu zeigen, dass ich hinter ihnen stehe. Und wie alle anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu zeigen, dass wir nicht Angst vor einer Masse zu haben brauchen, sondern uns an den lieben Menschen, aus welchen Ländern auch immer sie kommen mögen, freuen sollen.